Als die Kruger Männermannschaft im Juni 2010 mit weißen T-Shirts und dem Slogan "Die Rückkehr bleibt das Ziel - Hans Mühlenhaupt Supporter" auflief, sollte diese Botschaft eigentlich die Hoffnung auf ein fussballerisches Comeback des, von einer Kreuzbandverletzung gebeutelten, Mittelfeldspielers nähren. Die Wirklichkeit gestaltete sich anders. Und dennoch sollte der Amtsantritt von Mühlenhaupt, der bereits im Jahr 2015 als Trainer im Jugendbereich wieder in den Dienst der Titanen trat, als Coach der Männermannschaft einige Erinnerungen an den damaligen Mutmacher wecken. Schließlich kehrte dieser nun endgültig zum Team zurück, wenngleich der Weg dorthin ein durchaus steiniger war. Zu unterschiedlich schienen die Vorstellungen und Ambitionen auf der einen und die harte Realität in Bezug auf Trainingsintensität und das Setzen von fussballerischen Prioritäten auf der anderen Seite. Folgend musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, um Mühlenhaupt zu einer "Probezeit" als Übungsleiter zu bewegen. Ob und wie weit diese verlängert wird, liegt hierbei wahrscheinlich allein in der Verantwortung der Männermannschaft, die sich in Bezug auf die Zusammenarbeit wohl auch in den kommenden Monaten eigenständig in die Pflicht nehmen muss.
Das Mühlenhaupt das Erbe von Ex-Coach Prüßing, der sich der Aufgabe in über 10 Jahren stets verantwortungs- und aufopferungsvoll annahm und dabei über die Zeit einige Verschleißerscheinungen hinnehmen musste, nicht nur verwalten wollte, machte "der Neue" unmittelbar mit Bekanntgabe des Vorbereitungsprogrammes klar. Während einige Außenstehende bereits zu diesem Zeitpunkt die Kapitulation der Elf fürchteten, verdienten sich die Titanen zunehmenden Respekt. Training am Wochenende, Einheiten vor den Testspielen, die Beteiligung zeigte, dass die Mannschaft bereit war, das drohende Ruder in Richtung Spielgemeinschaft oder gar Abmeldung der Mannschaft nochmals herumzureißen. Dabei ließ Mühlenhaupt Zuckerbrot und Peitsche walten: Spaß ja, aber auf Ansage! Gezielt sollte die bestehende Gemeinschaft und Neuzugänge zusammengeführt werden und so schraubte das Team in der Vorbereitungsphase kurzerhand Seifenkisten zusammen oder verbrachte die Zeit gemeinsam am Herd.
Wer nun an eine wundersame Auferstehung durch den Heiler Mühlenhaupt glaubte, fand sich spätestens nach Abschluss der Testspiele auf dem berühmten Boden der Tatsachen wieder. Diese hatten nämlich nochmals das zu Tage gebracht, was eigentlich längst bekannt war und was auch ein engagierter Jungtrainer nicht prompt ändern kann: zu wenig junges Blut im Team! Bekannt war jedoch auch, dass die nachrückenden Juniorenspieler in Kruge nicht auf den Bäumen wachsen. Dementsprechend galt es für den Übungsleiter, vorhandene Spieler nicht zu verteufeln, sondern ihnen ihr vorhandenes Potential aufzuzeigen und einen Weg an die Hand zu geben, mit welchem sie erfolgreich sein können.
Doch auch das Schicksal verschaffte sich an dieser Stelle, in Form von zahlreichen Verletzungen, einmal mehr Mitspracherecht. Die langfristigen Ausfälle von Leistungsträgern wie Papenfuß und Derwanz wogen dabei besonders schwer und sorgten dafür, dass sich der Kader zunehmend ausdünnte. Folgend blieb die Personalsituation ein stets akutes Thema, sodass sich dauerhaft angeschlagene Spieler, wie zum Beispiel Neumann und Prüßing, förmlich durch die Hinrunde quälten, um das Antreten des Teams jederzeit sicher zu stellen. Glück denjenigen, die dann Legenden wie Wirt in ihren Reihen wissen, welche selbst mit Mitte fünfzig das Kicken nicht sein lassen können, insbesondere nicht, wenn der eigene Verein in der Scheiße hängt.
Trotz Pokalpleite gegen den SV Grün-Weiß Ahrensfelde III und der andauernden Verletzungsmisere blickten Mannschaft und Anhänger hoffnungsvoll in Richtung Saisonstart, denn der entstandene Ruck übertrug sich inzwischen auch auf das Umfeld. Hatte der Coach im abschließenden Interview noch geäußert, den eigenen Zuschauern im Saisonverlauf auch was bieten zu wollen, quittierten diese die Auftritte des Teams mit großem Zuspruch. Mag es anderen, besser situierten, Vereinen durchaus ein höhnisches Schmunzeln abringen, konnte der Zuschauerschnitt im Vergleich zur Vorsaison von 35 auf 50 Schaulustige gesteigert werden, was für den SVT einen enormen Gewinn darstellt, welcher auch innerhalb des Teams wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde und bei den Spielern in engen Aufeinandertreffen eventuell den ein oder anderen Prozentpunkt mehr herauskitzelt.
Der Spielplan der Liga ließ vermuten, dass speziell die ersten Saisonspiele der Titanen, aufgrund der Gegnerkonstellation, besonders umkämpft sein würden. Dabei wollte es die Mühlenhaupt-Elf zwingend vermeiden, frühzeitig eine Position im unteren Segment der Tabelle einzunehmen, um nicht unmittelbar unter Druck zu geraten. Gemeinsam mit dem Mannschaftsrat entschloss sich der Coach, zusätzlich zum Hauptziel Klassenerhalt, eine Punktzahl festzulegen, welche es als Mannschaft zu erreichen gilt. Die Siegesserie von drei Partien mit den Erfolgen gegen den SV Tornow, die SG Schwanebeck und den SV Grün-Weiß Niederfinow sorgte dafür, dass nicht nur das eigene Punktekonto reichlich Zuwachs erhielt, sondern auch die vorgegebene Spielidee mehr Glauben und Selbstvertrauen schaffte.
Gleichzeitig fand sich die Truppe um Neu-Kapitän Groh vor dem Duell mit der Spielgemeinschaft Groß Schönebeck/Zerpenschleuse plötzlich in einer neuen, völlig ungewohnten, Rolle wieder. Auch wenn sich die Spielzeit noch in der Auftaktphase befand, durfte man nun ein sogenanntes, zumindest temporäres, Spitzenspiel absolvieren. In Vorbereitung der Begegnung tat Mühlenhaupt einiges dafür, um dieses Szenario nicht als Last, sondern Gewinn zu begreifen. Dennoch offenbarte der Spielverlauf, dass sich die Mannschaft in einem Entwicklungsprozess befindet und längst nicht alles abrufen kann. Und das ist ein Umstand, der manchmal schwer zu akzeptieren ist, aber den sich alle Kruger vor der Saison gewünscht haben: Entwicklung. Gehemmt wirkte der Auftritt gegen zweikampfstarke Gäste, sodass der Punktgewinn beim 1:1 letztendlich als Erfolg bezeichnet werden konnte.
Somit trat man ungeschlagen und voller Vorfreude die Reise zu den Roten Rüben an. Einzig das bescheidene Wetter verhinderte, dass dieses, von allen Seiten, lang ersehnte Spiel mehr Zuspruch durch anwesendes Publikum erhielt. Die Titanen erfuhren an diesem Tag, dass der aktuelle Weg auch von Rückschlägen geprägt sein wird und Fussball manchmal ein richtig fieser Sport sein kann. Diese Erfahrung genau in dieser Partie machen zu müssen, schmerzte zweifelsohne. Insbesondere, da man fussballerisch durchaus zu überzeugen wusste, jedoch schlichtweg die nötige Cleverness vermissen ließ. Das die Internetverbindung und das 56k-Modem nach Niederlagen im gegnerischen Lager gerne mal klemmen und man vorzugsweise von Siegen berichtet, ist inzwischen ein offenes Geheimnis, daher überraschte der überschwängliche mediale Jubel kaum. Den Erfolg der Rüben galt es dann auch wie Sportsmänner anzuerkennen. Wurde gemacht und hierfür mussten die Rüben nicht einmal eine polizeiliche Anzeige stellen.
Mit einem glanzlosen und dennoch enorm wichtigen Erfolg (der Abstand zum Abstiegsplatz betrug nun 13 Punkte) gegen den SC Althüttendorf schüttelte man sich die erste Saisonniederlage aus dem Trikot. Allerdings schienen inzwischen vor allem die Auswärtsaufgaben zu größeren Herausforderungen zu verkommen, was die Begegnung gegen den FSV Basdorf II verdeutlichte. Abermals brachte die Mannschaft ihr Fussballherz auf den Platz und verließ dennoch selbigen als Unterlegener, was der Trainer nutzte, um seinem Team aufzuzeigen, nicht ausschließlich die blanken Ergebnisse, sondern auch den fortschreitenden fussballerischen Werdegang stets im Blick zu haben und auch daraus Selbstbewusstsein zu ziehen.
In personeller Hinsicht standen den Titanen nun die schwierigsten Wochen bevor. Bis kurz vor Ultimo bangte man vor den Spielen um jeden Aktiven und wagte vor den Begegnungen nur einen vorsichtigen Blick in die Spieler-App. Um so mehr Respekt verdienten die Punktgewinne gegen den SV Melchow/Grüntal und den SV Waldhof Spechthausen, die nicht nur für weitere Punkte auf dem Habenkonto sorgten. Vielmehr setzte sich die ungeschlagene Heimserie der Mühlenhaupt-Elf fort, welche im weiteren Hinrundenverlauf stets als zusätzliche Motivationshilfe genutzt wurde.
Mit dem BSV Blumberg spielt in dieser Saison eine Mannschaft in der 1. Kreisklasse auf, die dort zu keinem Zeitpunkt ihre Grenzen aufgezeigt bekam und völlig zu Recht unangetastet an der Tabellenspitze thront. Die Randberliner wiesen die Kruger dann erstmals so richtig deutlich in ihre Schranken. Und so gab es vor den verbleibenden beiden Heimspielen gehörig auf den Sack, was zumindest aus einer Perspektive interessant zu beobachten war: Wie wird das Team auf diese Klatsche reagieren?
Nach Abschluss der Hinrunde gestand Trainer Mühlenhaupt seiner Truppe zu, dass man in den abschließenden Partien nun auch das Glück auf der eigenen Seite vorfand und lobte final, dass die Mannschaft vor der Winterpause nochmal alles gegeben habe. Lohn dafür waren ein gemeinschaftlich erarbeitetes Unentschieden gegen den SV Grün-Weiß Ahrensfelde III und ein fulminanter Sieg gegen den OSV Eberswalde, wobei man einem Zwei-Tore-Rückstand trotzte. Folgerichtig blieb der SVT in sieben Heimspielen der Hinrunde ungeschlagen.
Das Geschehen der letzten vier Monate korrekt einzuordnen fällt wahrlich schwer. Während innerhalb der Mannschaft und des Vereins eine enorme Aufbruchstimmung entstand, schwang vor allem Hoffnung mit. Hoffnung darauf, den Spielbetrieb nicht einzig und allein am Laufen und den Verein über Wasser zu halten, sondern eventuell nochmals Anlauf zu nehmen. Dahingehend, dass auch für Außenstehende das Interesse an unserem Sportverein neu geweckt wird. Dennoch zeigt gerade der aktuell enge Spielerkader immer wieder auf, wie dünn dieses Konstrukt gestrickt ist und wie sehr das Ganze durch einzelne Ausfälle ins Wanken geraten kann und genau in eine gegenteilige Richtung zu kippen droht. Alle im Verein sind gut beraten, sich nicht ausschließlich auf Sieg oder Niederlage zu fokussieren. Vielmehr gilt es weitere Momente zu schaffen und sich abzugrenzen, um nicht in einen gleichgültigen teilnahmslosen Trott zu geraten. Die Männermannschaft und Trainer Mühlenhaupt haben in der Hinrunde bereits einen entscheidenen Anteil dazu beigetragen, diesen, hoffentlich erfolgreichen, Weg zu beschreiten. Und wir können nur jeden dazu einladen, ein Teil davon zu werden. Ein Teil von Titania!
Ein besonderer Dank gilt unserer Fotografin Jessy, die unsere Mannschaft vielfach begleitete und zahlreiche Momente mit der Kamera festhielt!